Jugendliche probieren sich gern aus. Manchmal auch Alkohol und Drogen. Welche Anzeichen für einen riskanten Umgang sprechen und wie Eltern reagieren können. Ein Experte der Kölner Drogenhilfe weiß Rat.
Diplom-Sozialpädagoge
Drogenhilfe Köln
Teils finden Eltern Alkohol oder eine Wasserpfeife im Kinderzimmer. Manchmal auch ein Tütchen Cannabis in der Hosentasche, wenn sie Wäsche sortieren. Einen klaren Kriterienkatalog gibt es nicht, um zu erkennen, ob Ihr Kind Probleme mit Alkohol oder Drogen hat.
„Wenn Sie einmal eine Flasche Wein bei Ihrem Kind im Schrank finden, bedeutet es noch nicht, dass es ein Alkoholproblem hat“, sagt Jürgen Meisenbach aus der Fachstelle Suchtprävention der Drogenhilfe Köln. Sollte es so weit kommen, sei das ein Prozess, der sich meist über Monate anbahne. „Doch es gibt natürlich Anzeichen, bei denen Eltern hellhörig werden sollten“, stellt er klar. Dazu zählen:
Unter den 12- bis 17-Jährigen in Deutschland haben fast zwei Drittel der Jugendlichen schon einmal Alkohol getrunken. 9 von 10 geben an, mindestens einmal in der Woche Alkohol zu trinken. Das zeigt die Studie „Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2019“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Aus dieser Altersgruppe rauchen demnach rund 7 Prozent und rund jeder Zehnte hat schon einmal eine illegale Droge probiert. Einem Viertel der 12- bis 17-Jährigen wurden illegale Drogen schon angeboten.
Eltern sollten das Gespräch mit dem Kind suchen: „Fragen Sie, woher der Alkohol oder die Drogen kommen. Lassen Sie plausible Begründungen gelten“, rät Meisenbach. Wichtig sei, das Kind nicht vorzuverurteilen, nicht zu mutmaßen und sich auf Fakten zu beschränken. „Natürlich kann es sein, dass die Eltern belogen werden, aber sie haben in der Regel ein gutes Gespür dafür, ob ihr Kind etwas zu verbergen hat“, sagt der Fachmann.
Folgende Botschaften könnten Eltern im Gespräch mit dem Nachwuchs vermitteln:
Merkten Kinder, dass die Eltern sich kümmern, das Kind aufmerksam beobachten, sei das aus seiner Erfahrung schon ein wichtiger Schritt. Diese Aufmerksamkeit sollte aber nicht in Kontrolle ausarten. Viele Jugendliche reagierten dann erst recht mit trotzigem Rückzug.
„Ich halte es außerdem für wichtig, dass sich Eltern ihren Kindern gegenüber klar positionieren“, sagt Sozialpädagoge Meisenbach. Die Botschaft könne lauten: „Wir möchten nicht, dass du rauchst!“ Sie könne aber auch sein: „Von uns aus ist das in Ordnung.“
Selbst wenn die Eltern selbst rauchten, könnten sie für das Kind andere Regeln aufstellen. Den Jugendlichen sollte dann erklärt werden, dass der junge Körper anders und noch empfindlicher auf Alkohol und Rauschmittel reagiere.
Irgendwann werden Kinder und Jugendliche Erfahrungen machen – zumindest mit Alkohol. „Der Einstieg läuft aber eher über Biermixgetränke oder einem Zug an einer Zigarette, nicht über Haschisch und Wodka“, erklärt Meisenbach. Auch Alkopops sind beliebt. In welchem Alter das passiere, komme auch auf den Charakter des Kindes an. „Manche verhalten sich sehr gesetzeskonform, andere loten ihre Möglichkeiten immer wieder aus.“
Gemeinsames, „betreutes Trinken“ mit den Eltern bringt nach Ansicht des Experten allerdings nicht mehr Kontrolle: „Jugendliche werden trotzdem mit den Freunden trinken, wenn sie das wollen.“
Getränk | Alter | ||
---|---|---|---|
Unter 14 Jahre | 14 bis unter 16 Jahre | 16 bis unter 18 Jahre | |
Bier | nein | nur in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person z. B. Elternteil | ja |
Wein / Sekt | nein | nur in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person z. B. Elternteil | ja |
Mixgetränk mit Wein oder Bier | nein | nur in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person z. B. Elternteil | ja |
Spirituosen | nein | nein | nein |
Mixgetränk mit Spirituosen | nein | nein | nein |
Energydrink | ja (für Energydrinks gibt es derzeit noch keine gesetzliche Regelung) |
Ist Ihr Kind über 18, sind alle hier aufgeführten Getränke erlaubt. Tabakwaren zu rauchen ist bis 18 in der Öffentlichkeit nicht erlaubt. Ein PDF über die Regeln zum Download für Eltern.
Viele verschiedene Gründe können dazu führen, dass Jugendliche Alkohol und Drogen ausprobieren. Meisenbach hält Krisen für einen häufiger Auslöser. Sei es die Scheidung der Eltern, Gewalt in der Familie oder Probleme in der Schule. Auch Unzufriedenheit, Einsamkeit, innere Leere und der Drang, sich selbst zu spüren, spielten häufig eine Rolle. Manchmal ist es schlicht die Neugierde. „Alkohol und Drogen sind ‚geliehene Kräfte‘, die einen auf den ersten Blick besser durchs Leben surfen lassen“, fasst Meisenbach zusammen.
Natürlich spiele auch der Freundeskreis eine Rolle. Sind in der Clique Alkohol oder Drogen akzeptiert, ist die Ausgangslage anders, als wenn die Freunde sich etwa als sportliche Nichtraucher verstehen. Der Freundeskreis kann also positiv und negativ wirken.
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„Sprechen Sie altersgemäß mit Ihrem Kind“, rät Meisenbach. Häufig sind Alkohol und Drogenkonsum auch schon Thema in der Schule. Erzählen Sie Ihrem Kind, welche Gefahren von den Suchtmitteln ausgehen. Etwa, dass es sich und andere im betrunkenen Zustand verletzen könnte. Oder dass es gefährlich ist, nach der Party von jemandem im Auto nach Hause gebracht zu werden, der getrunken hat.
Bleiben Sie dabei möglichst sachlich und besprechen Sie auch, was sich Menschen vom Alkohol- oder Drogenkonsum versprechen. Informieren Sie sich zu dem Thema, damit Sie auf Fragen Ihres Kindes antworten können. Suchthilfeeinrichtungen, Krankenkassen und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind dafür gute Anlaufstellen. Auch das Bundesgesundheitsministerium hat eine Handreichung mit einigen Tipps für Eltern.
Sucht vorbeugen
Angebote für Kids und Jugendliche.
„Niemand wird von heute auf morgen süchtig, das ist ein langer Weg“, beruhigt Meisenbach. Wenn mehrere dieser Faktoren zusammenkommen, kann das auf eine beginnende Sucht hinweisen:
„Eltern dürfen sich gern an Beratungsstellen wenden, wenn sie das Gefühl haben, sie brauchen Unterstützung“, sagt Meisenbach. Die Beratung ist kostenlos und anonym. Niemand brauche Schuldgefühle zu haben, wenn er oder sie sich Hilfe suche.
Neben Online-Angeboten gibt es zahlreiche regionale Beratungsstellen und Hilfsangebote (siehe Linkkasten). Möglich sei es, sich allein beraten zu lassen oder gemeinsam mit dem Kind.
Ist das Kind tatsächlich süchtig, sei es entscheidend, dass es sich selbst helfen lassen wolle. Doch Meisenbach ermuntert auch da: „Geben Sie nicht auf! Es ist nie zu spät. Ein Weg aus der Sucht ist machbar.“
Kenn dein Limit – die Kampagne der BZgA
Bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen finden Eltern ein Verzeichnis für regionale Anlaufstellen.
Die Stadt Köln bietet verschiedene Drogenberatungsstellen
Auch in Hamburg gibt es zahlreiche Suchtberatungsstellen
Telefonische Beratung bietet das BZgA-Infotelefon zur Suchtvorbeugung unter 02 21 89 20 31
Letzte Änderung: 16.08.2021
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