Jugendliche probieren sich gern aus. Manchmal auch Alkohol und andere Drogen. Welche Anzeichen für einen riskanten Umgang sprechen und wie Eltern reagieren können. Eine Expertin der Kölner Drogenhilfe weiß Rat.
Diplom-Pädagogin, Systemische Therapeutin
Fachstelle für Suchtprävention, Drogenhilfe Köln gGmbH
Manchmal finden Eltern Alkohol, Zigaretten oder eine Wasserpfeife im Kinderzimmer. Manchmal auch ein Tütchen Cannabis in der Hosentasche, wenn sie Wäsche sortieren. Dabei kann es sich um jugendliches Experimentierverhalten halten oder es kann auf eine problematische Entwicklung hindeuten.
Einen klaren Katalog, um zu erkennen, ob Ihr Kind Probleme mit Alkohol oder anderen Drogen entwickelt, gibt es nicht. Bei nachfolgenden Hinweisen sollten Sie aber hellhörig werden sollten:
Sie als Eltern kennen ihr Kind am besten. „Fragen Sie nach, entwickeln Sie eine persönliche Haltung, scheuen Sie sich auch nicht, mit Ihrem Kind in Konflikt zu gehen. Entwickeln Sie gemeinsam Regeln. Ihr Kind erfährt dabei, dass es Ihnen wichtig ist und kann in der Diskussion mit Ihnen eine eigene Haltung entwickeln. Bleiben Sie Ansprechpartner, auch wenn die Ansichten mal auseinander gehen“, sagt Anja Laudowicz-Bodi von der Drogenhilfe Köln.
Unter den 12- bis 17-Jährigen in Deutschland haben fast zwei Drittel der Jugendlichen schon einmal Alkohol getrunken. 9 von 10 geben an, mindestens einmal in der Woche Alkohol zu trinken. Das zeigt die Studie „Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2021“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Aus dieser Altersgruppe rauchen demnach rund 7 Prozent und rund jeder Zehnte hat schon einmal eine illegale Droge probiert.
Eltern sollten das Gespräch mit dem Kind suchen: „Fragen Sie, woher der Alkohol oder andere Drogen kommen. Lassen Sie plausible Begründungen gelten“, rät Laudowicz-Bodi. Wichtig sei, das Kind nicht vorzuverurteilen, nicht zu mutmaßen, nicht zu dramatisieren und sich auf Fakten zu beschränken. „Natürlich kann es sein, dass Eltern belogen werden, aber sie haben in der Regel ein gutes Gespür dafür, ob ihr Kind etwas zu verbergen hat“, sagt die Fachfrau.
Folgende Botschaften könnten Eltern im Gespräch mit dem Nachwuchs vermitteln:
Merkten Kinder, dass die Eltern sich wirklich interessieren und nachfragen, aber auch klare Grenzen und die eigene Haltung aufzeigen, ist das aus der Erfahrung von Laudowicz-Bodi ein wichtiger Schritt. Das sollte allerdings nicht in Kontrolle ausarten, die Jugendlichen könnten dann mit trotzigem Rückzug reagieren.
Fatal sei die Einstellung „Ich kann ja eh nichts machen.“ mit einem Rückzug seitens der Eltern. Diese Haltung kann eine Suchtentwicklung begünstigen, da ein Gegenüber fehlt, mit dem die eigene Haltung gefunden werden kann. Sollte der Konsum als Problemlösung fungieren, ist es umso wichtiger, eine Anlaufstelle zu bleiben. Empfehlenswert sei es, gemeinsam zu besprechen, wie Grenzen gesetzt und eingehalten werden. Es ist wichtig, dass sich Eltern ihren Kindern gegenüber klar positionieren. Die Botschaft könnte lauten: „Wir möchten nicht, dass du rauchst!“ Sie könne aber auch sein: „Von uns aus ist das in Ordnung.“
Selbst wenn die Eltern selbst rauchten, könnten sie für das Kind andere Regeln aufstellen. Den Jugendlichen sollte dann erklärt werden, dass der junge Körper anders und noch empfindlicher auf Alkohol und Rauschmittel reagiere.
„Irgendwann werden Kinder und Jugendliche Erfahrungen machen – statistisch gesehen am ehesten mit Alkohol und Zigaretten. Der Konsum von Cannabis wird bei Jugendlichen aber auch immer beliebter“, erklärt Laudowicz-Bodi. In welchem Alter das passiere, komme auch auf den Charakter des Kindes an. „Manche verhalten sich sehr gesetzeskonform, andere loten ihre Möglichkeiten immer wieder aus“.
Gemeinsames, „betreutes Trinken“ mit den Eltern bringt nach Ansicht der Expertin allerdings nicht mehr Kontrolle: „Jugendliche werden trotzdem mit den Freunden trinken, wenn sie das wollen.“
Getränk | Alter | ||
---|---|---|---|
Unter 14 Jahre | 14 bis unter 16 Jahre | 16 bis unter 18 Jahre | |
Bier | nein | nein* | ja |
Wein / Sekt | nein | nein* | ja |
Mixgetränk mit Wein oder Bier | nein | nein* | ja |
Spirituosen | nein | nein | nein |
Mixgetränk mit Spirituosen | nein | nein | nein |
Energydrink | ja (für Energydrinks gibt es derzeit noch keine gesetzliche Regelung) | ||
Zigaretten | nein | nein | nein |
Nikotinfreie E-Zigaretten/E-Shishas | nein | nein | nein |
Cannabis | nein | nein | nein |
Der Konsum von Tabakwaren und anderen nikotinhaltigen Erzeugnissen sowie nikotinfreien Erzeugnissen (z.B. elektronische Zigaretten) oder elektronischen Shishas sind in der Öffentlichkeit für minderjährige Personen nicht erlaubt.
Der Konsum und der Besitz von Cannabis sind für Personen unter 18 verboten. Seit dem 01.04.2024 ist bei Erwachsenen der Konsum von Cannabis an bestimmten Orten erlaubt. Der Besitz von Cannabis ist in bestimmten Mengen für Erwachsene ebenfalls erlaubt.
Ein PDF über die Regeln zum Download für Eltern und weitere Informationen zu Cannabis.
Viele verschiedene Gründe können dazu führen, dass Jugendliche Alkohol und andere Drogen ausprobieren. Hierbei spielt der Freundeskreis eine große Rolle. Sind in der Clique Alkohol oder andere Drogen akzeptiert, ist die Ausgangslage anders, als wenn die Freunde sich etwa als sportliche Nichtraucher verstehen. Der Freundeskreis kann also positiv oder negativ wirken. Manchmal ist es schlicht die Neugierde. „Alkohol und andere Drogen sind ‚geliehene Kräfte‘, die auf den ersten Blick manche Unsicherheit verschwinden lassen und das Leben leichter machen“, fasst Laudowicz-Bodi zusammen. Ein problematischer Konsum entwickelt sich eher, wenn persönliche Krisen der Auslöser sind. Sei es die Scheidung der Eltern, Gewalt in der Familie oder Probleme in der Schule. Auch Unzufriedenheit, Einsamkeit, innere Leere und der Drang, sich selbst zu spüren, spielten dabei eine Rolle.
„Sprechen Sie altersgemäß mit Ihrem Kind“, rät Laudowicz-Bodi Häufig sind Alkohol und anderer Drogenkonsum auch schon Thema in der Schule. Erzählen Sie Ihrem Kind, welche Gefahren von den Suchtmitteln ausgehen. Etwa, dass es sich und andere im betrunkenen Zustand verletzen könnte. Oder dass es gefährlich ist, nach der Party von jemandem im Auto nach Hause gebracht zu werden, der getrunken hat.
Bleiben Sie dabei möglichst sachlich und besprechen Sie auch, was sich Menschen vom Alkohol- oder anderem Drogenkonsum versprechen. Informieren Sie sich zu dem Thema, damit Sie auf Fragen Ihres Kindes antworten können. Suchthilfeeinrichtungen, Krankenkassen und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind dafür gute Anlaufstellen.
Sucht vorbeugen
Angebote für Kids und Jugendliche.
Niemand wird von heute auf morgen süchtig, das ist ein langer Weg“, beruhigt Laudowicz-Bodi. Wenn mehrere dieser Faktoren zusammenkommen, kann das auf eine beginnende Sucht hinweisen:
„Eltern dürfen sich gern an Beratungsstellen wenden, wenn sie unsicher sind oder das Gefühl haben, sie brauchen Unterstützung“, sagt Laudowicz-Bodi. Die Beratung ist kostenlos und unterliegt der Schweigepflicht. Niemand brauche Schuldgefühle zu haben, wenn er oder sie sich Hilfe suche.
Neben Online-Angeboten gibt es zahlreiche regionale Beratungsstellen und Hilfsangebote (siehe Linkkasten). Möglich sei es, sich allein beraten zu lassen oder gemeinsam mit dem Kind.
Hat ihr Kind tatsächlich eine Abhängigkeit entwickelt, sei es wichtig, dass es sich selbst helfen lassen wolle. Doch Laudowicz-Bodi ermuntert auch da: „Geben Sie nicht auf! Es ist nie zu spät. Ein Weg aus der Abhängigkeit ist machbar.“
Kenn dein Limit – die Kampagne der BZgA
Bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen finden Eltern ein Verzeichnis für regionale Anlaufstellen.
Die Stadt Köln bietet verschiedene Drogenberatungsstellen, u.a. die Drogenhilfe Köln.
Auch in Hamburg gibt es zahlreiche Suchtberatungsstellen.
Telefonische Beratung bietet das BZgA-Infotelefon zur Suchtvorbeugung unter 02 21 89 20 31.
Letzte Änderung: 24.05.2024
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