„Soll ich Organspender werden oder nicht?“ Viele Menschen sind sich unschlüssig, denn noch immer sind mit dem Thema Organspende zahlreiche Ängste und Zweifel verbunden. Im Interview ordnet die ehemalige geschäftsführende Ärztin der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) in Essen, Dr. med. Ulrike Wirges, die Bedenken ein und räumt dabei mit vielen Vorurteilen auf.
ehemalige geschäftsführende Ärztin
Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO), Essen
Oft sind mit dem Thema Organspende Ängste und Bedenken verknüpft. Viele Menschen entscheiden sich gegen einen Organspendeausweis, weil sie fürchten, als Organspender im Krankheitsfall nicht die gleiche medizinische Betreuung zu erhalten wie Nicht-Organspender. Sie haben Angst, schneller als „unrettbar“ eingestuft zu werden. Ist das begründet?
Nein, diese Angst ist völlig unbegründet. Jeder Mensch, der als Patient in ein Krankenhaus kommt, wird dort mit dem Ziel behandelt, seine Gesundheit wiederherzustellen bzw. sie zu erhalten. Alle Bemühungen sind allein auf dieses Ziel ausgerichtet. Nur sehr wenige Patienten, bei denen auf der Intensivstation der irreversible Hirnfunktionsausfall und damit der Tod festgestellt wurde, kommen überhaupt für eine mögliche Organspende in Frage.
Die Feststellung des Todes muss durch zwei unabhängige Ärzte nach einem strikt festgelegten und verbindlichen Protokoll erfolgen. Mindestens einer der Untersucher muss Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und eine Zustimmung des Verstorbenen selbst oder seiner Familie vorliegt, wird eine Organspende eingeleitet. Die Beatmung und intensivmedizinische Maßnahmen am Verstorbenen werden dann noch für eine kurze Zeit bis zur Organentnahme fortgesetzt, um die Organe in Funktion zu halten.
Wird der Körper eines Organspenders durch die Entnahme der Organe eigentlich entstellt beigesetzt?
Eine Organentnahme ist eine Operation, die unter gleichen Bedingungen erfolgt wie jede andere Operationen im Krankenhaus. Die Operationswunde wird sorgfältig verschlossen und die Familie kann nach der Organspende ganz normal Abschied nehmen. Ein würdevoller Umgang mit dem Verstorbenen ist immer oberstes Gebot.
Sind in Deutschland Fälle von Organhandel bekannt? Und kann es sein, dass die Organe eines Spenders in den Besitz von Organhändlern gelangen?
Nein, ein solcher Fall ist nicht bekannt und in Deutschland auch kaum vorstellbar. Der Weg und Verbleib der Organe, die hier gespendet werden, wird stets lückenlos dokumentiert und von einer unabhängigen Expertengruppe kontrolliert. Dazu sind alle beteiligten Partner gesetzlich verpflichtet.
Die Transplantationsmedizin ist bei uns auf drei Säulen aufgebaut, die jeweils einen Teilbereich verantworten: Die DSO übernimmt die Organisation der Organspende und Eurotransplant die Vermittlung der Organe an den passenden Empfänger. Die eigentliche Durchführung der Transplantation sowie deren Vor- und Nachbereitung findet schließlich in den Transplantationszentren statt. Durch diese Dreiteilung wird die Unabhängigkeit der verantwortlichen Organisationen gewährleistet.
Organspende
Ablauf und Voraussetzungen
Eine weitere Frage, die sich viele Menschen stellen: Was geschieht mit den Organen eines Organspenders nach Versterben im Ausland?
Jedes europäische Land hat eigene gesetzliche Regelungen zur Organspende. Diese legen u. a. die Voraussetzung für eine Organspende fest oder weisen den Beteiligten bestimmte Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu. Entsprechend der gesetzlichen Rahmenbedingungen kann es demnach auch Unterschiede in den Abläufen geben.
So wird zum Beispiel durch die Vermittlungsstelle Eurotransplant jedes Organ, das in Deutschland, Österreich, Kroatien, Ungarn, Slowenien Luxemburg, Belgien und den Niederlanden gemeldet wird, zunächst nur innerhalb dieses Verbundes angeboten. Erst, wenn sich kein geeigneter Empfänger ermitteln lässt, wird das Organ auch anderen Ländern angeboten.
Grundsätzlich muss für sämtliche Organe, die innerhalb der EU gespendet wurden, eine Rückverfolgbarkeit gewährleistet sein.
Was würden Sie jenen sagen, die sich noch nicht für einen Organspendeausweis entscheiden können, weil sie noch Bedenken haben?
Es ist gut und wichtig, sich mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen. Dabei ist es auch wichtig, sich über seine Ängste und Bedenken klar zu werden und sich damit auseinanderzusetzen. Letztendlich sollte jeder seine eigene, selbstbestimme Entscheidung treffen.
Auf dem Organspenderausweis gibt es verschiedene Optionen von „Ja“ über eine Einschränkung auf bestimmte Organe bis zu einem „Nein“. Diese Entscheidung sollte man dann nach Möglichkeit innerhalb der Familie besprechen.
Jeder, der seine selbstbestimmte Entscheidung trifft, schafft Klarheit für alle Beteiligten. Unabhängig davon, wie diese ausfällt, stellt er damit sicher, dass sein persönlicher Wille nach dem Tod umgesetzt wird.
Den meisten Menschen fällt es nicht leicht, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. Die Gründe dafür können vielfältig sein: Wissen die Ärzte genau, ob ich wirklich tot bin? Was würde meine trauernde Familie dazu sagen? Wer entscheidet für mich, wenn ich es nicht mehr kann? Lässt sich die Organspende mit meinem Glauben vereinbaren?
Dabei können wir helfen. Die Entscheidungshilfe der AOK Rheinland/Hamburg bündelt alle wichtigen Informationen zum Thema und hilft Ihnen beim Abwägen der Argumente und dabei, für sich eine Entscheidung zu treffen.
An der Organspende-Hotline von Clarimedis bekommen Sie Antworten auf all Ihre medizinischen Fragen zum Thema. Telefonnummer: 0800 0 326 327.
Letzte Änderung: 01.06.2022
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