Ausgrenzung, Gerüchte, schlimmstenfalls Gewalt: Mobbing im Job kann viele Formen annehmen. Für die Betroffenen ist das Mobbing vor allem belastend, körperlich und seelisch. Was Mobbingopfer tun können, auf welche Anzeichen Kollegen achten sollten und ob Mobbing am Arbeitsplatz strafbar ist – wir haben mit Dr. Dario Zaremba vom Mobbingtelefon gesprochen.
Berater Gesundheitsmanagement
AOK-Mobbingtelefon / Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung BGF
Mobbing am Arbeitsplatz ist nicht fest definiert. „Man kann sagen, dass Mobbing durch feindseliges Verhalten unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiten gekennzeichnet ist“, erklärt Dr. Dario Zaremba. Er ist Berater Gesundheitsmanagement am Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung BGF. Seit über 20 Jahren betreut das Institut das Mobbingtelefon der AOK Rheinland/Hamburg.
„Die Ausgrenzungen finden systematisch, wiederholt und über einen längeren Zeitraum statt – also Wochen oder gar Monate“, so Zaremba. Oft gibt es laut dem Experten ein hierarchisches Gefälle zwischen Angreifer und Mobbingopfer. Teils mobben einzelne Personen, manchmal auch eine Gruppe – etwa die ganze Abteilung.
Ob Mobbing im Job vorliegt oder nicht, kommt auch stark darauf an, wie die angegriffene Person die Situation erlebt: „Fühlt sich die betroffene Person ausgegrenzt und diskriminiert, ist der Fall anders, als wenn sie derbe Sprüche und Ähnliches mit Humor nimmt“, sagt Zaremba.
Mobbing unter Kollegen kann unterschiedliche Formen annehmen. Einige Mobbingopfer berichten, dass sie keine oder nur noch sinnlose Aufgaben bekommen. Andere werden zu Teammeetings oder Firmenfeiern nicht mehr eingeladen. „Wir hatten am Mobbingtelefon mal jemanden, der aus seinem Büro in den Keller versetzt wurde und damit von allen Kollegen abgeschnitten war“, berichtet Zaremba.
Auch auf der sozialen Ebene könne Ausgrenzung stattfinden: Wenn etwa nicht mehr gegrüßt wird oder sich in der Kantine niemand mehr mit an den Tisch setzt. Aus seiner Erfahrung ebenfalls häufig: Gezielte Gerüchte oder Lästern über eine Person im Kollegenkreis. Gewaltsame oder sexuelle Übergriffe erlebten Anrufer am Mobbingtelefon ebenfalls, zum Glück aber recht selten.
„Ein einzelner Konflikt ist kein Mobbing“, stellt Zaremba klar. Denn bei Mobbing am Arbeitsplatz wiederholen sich die Aktionen. Die Angreifer verfolgten immer das Ziel, die betroffene Person auszuschließen oder zu demütigen. „Ein Konflikt kann aber natürlich ein Auslöser für Mobbing sein“, sagt er. Die Grenzen seien fließend. Was als witziger Schlagabtausch oder fieser Streich beginnt, könne kippen und Mobbing werden, wenn das Opfer nicht (mehr) mitlacht.
„Sprechen Sie möglichst früh an, dass Sie sich ausgegrenzt fühlen“, rät der Experte. „Erklären Sie sachlich und offen, was Sie stört. Das braucht Mut, kann aber einen ‚Aha-Effekt‘ im Kollegenkreis auslösen.“
Sie haben das Problem angesprochen und werden nicht ernst genommen? Die Situation ist schon zu sehr eskaliert? Wir haben noch weitere Tipps aus der Praxis:
„Mobbingopfer können natürlich auch kündigen oder versuchen sich versetzen zu lassen, in eine andere Abteilung oder an einen anderen Standort“, sagt Zaremba. Er ermuntert aber auch: „Oft ist die Situation noch nicht so eingefahren.“
Bei körperlichen Bedrohungen oder sexuellen Übergriffen ist schnelles Handeln gefragt. Wenden Sie sich in solchen Fällen schnellstmöglich an den Betriebsrat und holen Sie sich Unterstützung eines professionellen Beratungsangebots.
„Wenn Sie merken, dass sich ein Kollege oder eine Mitarbeiterin anders verhält als Sie es gewöhnt sind, kann das ein Anzeichen für Mobbing sein“, sagt Zaremba. Etwa wenn jemand nur noch alleine zu Mittag isst oder ein sonst ruhiger Mensch mehrfach impulsiv reagiert.
Zaremba empfiehlt, dann ein Gespräch anzubieten. Dabei müsse der Mobbingverdacht gar nicht thematisiert werden. „Ich habe das Gefühl, dass dich etwas bedrückt. Wie kann ich dich unterstützen?“, sei ein möglicher Einstieg. Haben Sie eine konkrete Situation beobachtet, die auf Mobbing im Job hinweisen kann, nehmen Sie darauf ruhig Bezug. Fragen Sie etwa: „Passiert so etwas häufiger?“ und „Wie geht’s dir damit?“.
Stress im Griff
Lernen Sie, Ihren Stress zu verringern.
Genau wie die Formen des Mobbings sind auch die körperlichen und seelischen Auswirkungen unterschiedlich. Anrufer des AOK-Mobbingtelefons berichten vergangenes Jahr vor allem über:
Mobbing am Arbeitsplatz kann auch zum Burn-out führen, in eine Depression oder Angststörungen ausufern. „Wenn Körper und Psyche leiden, raten wir zu professioneller Hilfe, etwa vom Hausarzt“, sagt Zaremba.
Nicht nur Betroffene leiden unter Mobbing im Job. Für Chefs bedeutet es:
Am Mobbingtelefon können die Betroffenen ihre Geschichte kostenfrei und anonym erzählen. „Wir stellen den Anrufenden in den Mittelpunkt, damit er oder sie Vertrauen aufbauen kann“, erklärt Zaremba. „Viele Anrufende freuen sich, dass wir als Unbeteiligte zuhören und nicht urteilen.“
Gemeinsam wird geschaut, wie sich die Situation ändern lässt, welche nächsten Schritte möglich und hilfreich sind. Das geschulte Personal kann auch Kontakt vermitteln zu Juristen, Therapeuten und Beratungsstellen. Das telefonische Beratungsgespräch ersetzt jedoch keinen ärztlichen oder psychotherapeutischen Rat.
Viele Menschen versuchten lange, mit dem Mobbing am Arbeitsplatz allein klarzukommen. Das muss laut Zaremba nicht sein: „Wir ermuntern die Leute, ruhig früh beim Mobbingtelefon anzurufen.“
Quelle: Mobbingbericht 2021 / BGF
Mobbing an sich ist nicht strafbar. Einzelne Handlungen können aber strafbar sein. „Am Mobbingtelefon machen wir keine Rechtsberatung“, stellt Zaremba klar. „Aber wir können Kontakt zu Anwälten vermitteln, die auf Mobbing spezialisiert sind und Betroffene juristisch beraten.“
Mobbingtelefon der AOK Rheinland/Hamburg:
Jeden Dienstag zwischen 14:00 und 20:00 Uhr unter 0221 27 18 02 00 oder 040 20 23 42 09.
MobbingLine NRW:
Montag bis Donnerstag zwischen 16:00 und 20:00 Uhr haben Sie die Möglichkeit, sich zum Thema Mobbing beraten zu lassen unter 0211 8371911.
Letzte Änderung: 02.12.2021
Einwilligungserklärung für die Nutzung der Social Media Plugins
Für die Nutzung von Social-Media Dienstangeboten diverser Unternehmen stellen wir Ihnen Social-Media-Plug-ins zur Verfügung. Diese werden in einem Zwei-Klick-Verfahren auf den Online-Angeboten der AOK eingebunden.
Die AOK erfasst selbst keinerlei personenbezogene Daten oder Informationen über deren Nutzung mittels der Social-Media-Plug-ins.
Über diese Plug-ins können jedoch Daten, auch personenbezogene Daten, an die US-amerikanischen Diensteanbieter gesendet und gegebenenfalls von diesen genutzt werden. Das hier eingesetzte Verfahren sorgt dafür, dass zunächst keine personenbezogenen Daten an die Anbieter der einzelnen Social-Media-Plug-ins weitergegeben werden, wenn Sie unser Online-Angebot nutzen. Erst wenn Sie eines der Social-Media-Plug-ins anklicken, können Daten an die Dienstanbieter übertragen und durch diese gespeichert bzw. verarbeitet werden.