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Beschneidung: Ist sie im Kindesalter ratsam?

ArtikelLesezeit: 4:00 min.
Arzt erklärt Mutter mit kleinem Jungen die Behandlung

Bildnachweis: © stock.adobe.com / JenkoAtaman

Die Beschneidung von Jungen ist manchmal im Kindesalter medizinisch ratsam. Wann ist ein Eingriff sinnvoll? Wie läuft er ab und was ist danach zu beachten? Wir beantworten wichtige Fragen.

Expertenbild

Der Experte zum Thema

Dr. Maik Irmisch

Facharzt für Innere Medizin
ServiceCenter AOK-Clarimedis

Was passiert bei einer Beschneidung von Jungen?

Bei der Beschneidung wird die bewegliche Vorhaut, die die Eichel des männlichen Gliedes umschließt, ganz oder teilweise operativ entfernt. Das geschieht ambulant oder stationär im Krankenhaus. Kleine Kinder bekommen eine Vollnarkose, bei älteren ist eine lokale Betäubung üblich.

Urologen oder Kinderchirurgen führen den Eingriff durch. Dieser dauert etwa 30 bis 40 Minuten. Die Kosten einer medizinisch notwendigen Beschneidung werden von den Krankenkassen übernommen.  Je nach Alter des Patienten und Grund für die Beschneidung gibt es verschiedene Operationsverfahren:

Vollständige Beschneidung

Dabei wird die gesamte Vorhaut entfernt – inklusive des Vorhautbändchens (Frenulum). Die Eichel liegt anschließend komplett frei. Die Methode wird Erwachsenen empfohlen.

Unvollständige Beschneidung (Vorhautplastik)

Bei diesem Verfahren bleibt ein Teil der Vorhaut erhalten. Die Methode wird meist bei Kindern durchgeführt. Im Erwachsenenalter kann es allerdings zu einer erneuten Verengung kommen.

Vorhaut-Erweiterungsplastik

Dabei wird die Vorhaut nicht gekürzt, sondern nur der verengte Ring an der Vorhaut durch kleine Einschnitte erweitert. Auch hier können, besonders bei Erwachsenen, erneut Verengungen auftreten.

Funktionen der Vorhaut

Die männliche Vorhaut gilt als der empfindsamste Teil des Penis. In ihr verlaufen viele Nerven und Blutgefäße. Die Vorhaut erfüllt verschiedene Aufgaben. Sie schützt Eichel und Harnwege vor Keimen und Bakterien. Außerdem sorgt sie dafür, dass die Eichel nicht ständiger Reibung ausgesetzt ist, verletzt wird oder austrocknet.

Welche medizinischen Gründe gibt es für eine Beschneidung?

Eine Beschneidung erfolgt in der Regel erst nach erfolgloser Behandlung mit Salben und Cremes. Auch bei starken Beschwerden oder bestimmten Haut- oder Gewebekrankheiten ist eine Operation eine mögliche Lösung. Zum Beispiel bei:

  • Vorhautverengung (Phimose)
  • stark einschnürender oder nicht ausreichend verschiebbarer Vorhaut
  • wiederholten Entzündungen an Vorhaut und Eichel
  • wiederholten Harnwegsinfekten wie bei Fehlbildungen der Harnwege
  • Problemen beim Wasserlassen (Ballonbildung der Vorhaut)
  • seltenen Hautkrankheiten wie Lichen sclerosus

Unabhängig vom medizinischen Grund einer Beschneidung ist eine gründliche Beratung und körperliche Untersuchung durch einen Urologen oder Kinderchirurgen wichtig. Er wird mit Ihnen besprechen, ob eine andere Therapie infrage kommt. Falls nicht, wird er über Ablauf und Risiken eines Eingriffs beraten.

Wie kommt es zu einer Vorhautverengung?

Eine verengte Vorhaut (Phimose) ist der häufigste medizinische Grund für eine Beschneidung. Bei einer Phimose ist es unmöglich, die Vorhaut ohne Probleme und Schmerzen vollständig über die Eichel zurückzustreifen.

Bei Neugeborenen und heranwachsenden Jungen ist dies entwicklungsbedingt völlig normal. Denn bei der Geburt ist die Vorhaut noch zu eng und mit der Eichel verklebt. Beides wächst sich normalerweise in den ersten Lebensjahren von selbst aus. Passiert das nicht, unterscheiden Fachleute zwei Arten der Vorhautverengung:

Primäre Phimose

Sie liegt vor, wenn Jungen im Alter von drei bis sechs Jahren noch eine zu enge Vorhaut haben oder weitere Beschwerden dazukommen. Betroffen ist etwa ein Prozent aller Jungen. Meist reicht eine Behandlung mit kortisonhaltigen Salben aus. Eine Operation ist selten notwendig. Bei Erwachsenen sind diese Mittel weniger wirksam. Sie werden aber gegen Entzündungen der Vorhaut oder Eichel eingesetzt.

Sekundäre Phimose

Hier ist die Vorhaut narbig verengt. Ständige Entzündungen, Hautkrankheiten oder Verletzungen durch das gewaltsame Zurückstreifen der Vorhaut können Gründe dafür sein. Die zurückgezogene Vorhaut klemmt die Eichel ein und verhindert so den Blutabfluss. Wird nicht rechtzeitig operiert, kann das Gewebe absterben. Diese Vorhautverengung wird vielfach auch als Schnürring oder spanischer Kragen bezeichnet.

Wann sollte eine medizinisch notwendige Beschneidung stattfinden?

Noch immer gilt offiziell, die Vorhaut müsse sich spätestens bis zum Eintritt in die Schule zurückziehen lassen, und wenn nicht, dann müsse sie entfernt werden – dabei handelt es um eine ärztliche Leitlinie aus dem Jahr 1949. Experten und Betroffene sehen den Eingriff heute aber zunehmend kritisch und hinterfragen, ob er in den meisten Fällen wirklich medizinisch notwendig ist. Obwohl eine Beschneidung grundsätzlich in jedem Alter erfolgen kann, sollte sie deshalb nur in Ausnahmefällen im Kindesalter stattfinden.

Welche Komplikationen können bei einer Beschneidung auftreten?

In der Regel verläuft die Beschneidung ohne Komplikationen. Es kann aber zu Wundschmerzen, Blutungen und Infektionen kommen, die in seltenen Fällen zu Verengungen der Harnröhrenöffnung führen. Dann muss erneut operiert werden.

Welche Vorteile hat eine Beschneidung?

Die Beschneidung behebt Beschwerden, die etwa durch eine verengte Vorhaut auftreten. Untersuchungen legen nahe, dass beschnittene Kinder zudem ein deutlich geringeres Risiko haben, Harnwegsinfekte zu bekommen. Außerdem infizieren sie sich demnach seltener mit sexuell übertragbaren Krankheiten wie HIV oder Humanen Papillomviren.

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Medizinische Informationen am Telefon unter 0800 1 265 265.

Welche Nachteile können auftreten?

Die Beschneidung hat verschiedene anatomische und funktionelle Auswirkungen auf den Penis.

  • Verlust sensibler Nervenstrukturen und Gewebe
    Die Vorhaut ist mit zahlreichen Nervenenden ausgestattet und gehört zu den sensibelsten Bereichen des männlichen Körpers. Sie bedeckt und schützt die Eichel vor Verletzungen und Austrocknung. Besonders das Vorhautbändchen (Frenulum), das sich an der Unterseite des Penis befindet, gilt als eine der erogensten Zonen des Mannes. Bei der Beschneidung wird das Frenulum häufig ebenfalls entfernt, wodurch zusätzlich hocherogenes Gewebe verloren geht.
  • Physische Veränderungen der Eichel
    Nach der Beschneidung liegt die Eichel dauerhaft frei und kommt ständig mit Textilien in Kontakt. Dies führt zu einer Verhornung der Hautoberfläche, wodurch die Sensibilität der Eichel weiter abnimmt. Zudem gehen Drüsen verloren, die die Eichel befeuchten und vermutlich eine Rolle bei der Immunabwehr spielen.
  • Unterschiede bei der Hautentfernung
    Der Umfang der Hautentfernung variiert je nach Art der Beschneidung. Manche Männer behalten eine lockere Penisschafthaut, während bei anderen die Haut straff entfernt wird. Bei einer straffen Beschneidung können Erektionen zu starken Spannungen führen, die wiederum kleine Einrisse und Vernarbungen zur Folge haben können. Dies kann Schmerzen verursachen und die sexuelle Funktion einschränken.
  • Psychische und sexuelle Folgen
    Einige Männer berichten nach der Beschneidung von einem eingeschränkten sexuellen Empfinden, da ein hochsensibles Gewebe entfernt wurde. Andere erleben psychische Belastungen durch den Eingriff und dessen Konsequenzen.

Was ist nach einer Beschneidung zu beachten?

  • Wundpflege: Direkt nach der OP muss die Wunde durch regelmäßigen Verbandswechsel sauber gehalten und mit Salben behandelt und gegebenenfalls gekühlt werden.
  • Empfindliche Eichel: Anfängliche Gefühlsstörungen der freiliegenden Eichel sollten innerhalb der ersten Tage nachlassen.
  • Schonen: Die ersten Tage sollte man sich körperlich schonen.
  • Duschen und Baden: Nach etwa zwei Tagen ist vorsichtiges Duschen möglich. Baden ist nach etwa drei bis vier Tagen in Ordnung. Hier lesen Sie mehr zur Intimpflege.
  • Sport: Nach etwa zwei bis drei Wochen ist die Heilung abgeschlossen. Bis dahin sollten Sie keinen Sport machen.
  • Geschlechtsverkehr ist erst ratsam, wenn die Wunde komplett verheilt ist, also zwei bis drei Wochen nach der OP. Der Penis sollte nicht mehr geschwollen oder entzündet sein. Durch Gleitcreme wird die Wunde weniger gereizt.
  • Urinieren sollte problemlos funktionieren. Ein leichtes Brennen ist in den ersten Tagen möglich.
  • Beschwerden: Bei Auffälligkeiten oder Beschwerden sollte der Arzt oder die Ärztin informiert werden.

Die Urologische Stiftung Gesundheit liefert wichtige Informationen zur Beschneidung bei Jungen und Männern.

Letzte Änderung: 07.01.2025