Liebeskummer – das haben doch nur Teenager? Weit gefehlt! Der Verlust eines Liebes- oder Lebenspartners ist schmerzhaft und wird gerne unterschätzt. Dabei löst das Ende einer Beziehung häufig schwere psychische Lebenskrisen aus. Doch was passiert bei Liebeskummer eigentlich in unserem Körper und mit unserer Psyche – und wie können wir damit umgehen?
Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Intensivmedizin im AMEOS Klinikum St. Clemens Oberhausen
Wir kennen es aus Hollywoodfilmen: Eine Liebesbeziehung scheitert, jemand stirbt und der Hauptfigur bricht es sprichwörtlich das Herz. Auch im wahren Leben passieren solche Tragödien, die uns Menschen psychisch belasten und sich körperlich bemerkbar machen. Manchmal resultieren daraus Lebenskrisen und negative Gefühle bis hin zu Suizidgedanken.
Scheitert eine Beziehung oder wird die Liebe nicht erwidert, leiden wir darunter. Wir sind traurig, wütend, verzweifelt, fühlen uns zurückgestoßen und vermissen den Ex-Partner. Liebeskummer wird unter Erwachsenen oft wenig ernst genommen, dabei trifft viele Menschen der Verlust eines Liebespartners mit voller Wucht: Sie kommen nicht zur Ruhe, leiden an Schlafstörungen oder Verdauungsproblemen. Viele Betroffene entwickeln auch depressive Symptome wie Lust- und Antriebslosigkeit, Rückzug aus dem Alltag bis hin zu Suizidgedanken.
„Das Herz ist ein Fühlorgan, das kennen wir alle: Denn wir alle hatten schon mal Herzklopfen, etwa, wenn wir verliebt sind. Doch wir fühlen eben auch den Schmerz. Und Liebeskummer ist zunächst einmal Stress. Es werden Stresshormone ausgeschüttet, die zu Herzrasen, Bluthochdruck und Funktionsstörungen des Herzmuskels führen können“, erklärt Kardiologe Dr. med Thomas Butz. Er ist Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Intensivmedizin im AMEOS Klinikum St. Clemens Oberhausen und beschäftigt sich auch mit der Wechselwirkung zwischen Herz und Psyche.
„Ja, das gebrochene Herz gibt es wirklich. Wir Kardiologen sehen es etwa ein bis zweimal pro Monat. Meistens wird es aber nicht durch Liebeskummer ausgelöst, sondern durch plötzliche Todesfälle von Angehörigen oder auch von Haustieren“, sagt Butz. Ärzte sprechen dann vom sogenannten Broken-Heart-Syndrom. Das Herz bricht dabei nicht in zwei Teile, doch die emotionale oder körperliche Krise kann Herzprobleme auslösen. Bei der Herzkatheteruntersuchung zeigt sich dann eine Beule an der Herzspitze, die sich bei vielen Fällen im Verlauf wieder normalisiert. Die Beschwerden eines Broken-Heart-Syndroms unterscheiden sich kaum von einem Herzinfarkt: Atemnot, heftige Brustschmerzen, zudem Schmerzen im Arm, Herzrasen und ein Engegefühl in der Brust. Halten die Symptome länger als fünf Minuten an, sollten Sie die 112 anrufen!
„Das Broken-Heart-Syndrom zeigt, wie nah sich unsere Psyche und unser Körper stehen. Das heißt nicht, dass jeder mit Liebeskummer zum Arzt muss, aber es ist wichtig, dass sich die Patienten ernstgenommen fühlen und man sie über den Zusammenhang zwischen ihren Gefühlen und den Symptomen aufklärt“, so Butz. Tatsächlich finden sich bei 40 Prozent aller Patienten mit Herzbeschwerden ein typischer Konflikthintergrund. Häufiger davon betroffen, sind Menschen, die zu Angst und Depressionen neigen. Vor allen Dingen die, die beruflich oder privat unter starken stress leiden.
Liebeskummer verläuft üblicherweise in vier (Trauer-)Phasen. Die erste ist die des Nicht-Wahrhaben-Wollens: Betroffene verleugnen das Geschehen, glauben, das wird schon wieder und kämpfen um die Beziehung. In der zweiten Phase brechen die Gefühle hervor – von Trauer über Groll bis hin zu Rachefantasien. In der dritten Phase folgt die Selbstreflexion, in der Betroffene die Beziehung, den Ex-Partner und sich selbst stärker infrage stellen. Die letzte Phase ist schließlich die der Neuorientierung und des Neuanfangs.
Man hört öfter, dass Liebeskummer halb so lange dauert, wie die Dauer der Beziehung. Das ist jedoch falsch! Die Intensität und Dauer von Liebeskummer ist sehr individuell und hat kaum damit zu tun, wie lang die Beziehung war. Psychologisch zählt Liebeskummer zu den Anpassungsstörungen. Diese gelten allgemein als therapiebedürftig, wenn sie länger als zwei Jahre anhalten. Wenn Sie sehr leiden, sollten Sie aber auch schon vorher psychologische Hilfe aufsuchen.
Es gibt kein Allheilmittel, dass uns schnell von Liebeskummer befreit. Jeder geht mit Herzschmerz und Trauer anders um. Die einen lenken sich ab, andere ziehen sich zurück. Zunächst einmal gilt: essen, trinken, schlafen. Was banal klingt, ist essenziell. Denn wenn wir körperlich erschöpft und ausgezerrt sind, macht es die Krise nur schlimmer.
Versuchen Sie außerdem, Ihre Gefühle bewusst zu fühlen. Achtsamkeitsübungen können Ihnen helfen, mit negativen Emotionen umzugehen und im Hier und Jetzt zu bleiben. Sprechen Sie mit Vertrauten oder schreiben Sie einen Brief an die verflossene Liebe – egal, ob Sie ihn abschicken oder nicht. Das kann dabei helfen, besser mit dem Thema abzuschließen. Versuchen Sie außerdem eigene Glücksquellen zu erschließen – treffen Sie sich mit Freunden, beginnen Sie mit Sport, einem neuen Hobby oder machen Sie endlich die Reise, von der Sie schon so lange sprechen. Falls Schlafstörungen, Angst, Depressionen oder andere Symptome anhalten, suchen Sie psychologische Hilfe auf.
Schließlich hilft gegen Liebeskummer vor allem: Zeit. So ungern man diesen Rat hören möchte, so zutreffend ist er in den meisten Fällen. Und die gute Nachricht: In jeder Krise steckt Potenzial für Weiterentwicklung und Neuanfänge – das gilt auch für Liebeskummer. Denn er zwingt uns, uns mit unseren Bedürfnissen und Wünschen auseinanderzusetzen.
Wir kennen es aus Hollywoodfilmen: Eine Liebesbeziehung scheitert, jemand stirbt und der Hauptfigur bricht es sprichwörtlich das Herz. Auch im wahren Leben passieren solche Tragödien, die uns Menschen psychisch belasten und sich körperlich bemerkbar machen. Die Medizin kennt dieses Zusammenspiel von Körper und Seele. Darum geht es in der 1. Folge von „Auf Herz & Ohren mit Doc Caro“. Eingeladen hat sie ihren ehemaligen Chef, den Menschen fürs Herz: PD Dr. Thomas Butz.
Letzte Änderung: 16.03.2023
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