Abgelaufene Kopfschmerztabletten, angetrocknetes Rheuma-Gel und halbvolle Flaschen mit Hustenlöser: Medikamente gelangen leider noch viel zu oft über das Abwasser in die Umwelt – und können so Pflanzen, Tiere und unsere eigene Gesundheit belasten. Doch wohin mit den Medikamenten, wenn sie nicht mehr gebraucht werden? Wir zeigen Ihnen, wie Sie Arzneimittel sicher und umweltgerecht entsorgen.
Sie kennen das vielleicht: Im Arzneischrank stapeln sich die Packungen, Tuben und Fläschchen: abgelaufene Kopfschmerztabletten, angetrocknetes Rheuma-Gel und halbvolle Flaschen mit Hustenlöser. Benutzen kann man sie nicht mehr, nur: wohin damit? Wie entsorgt man Medikamente, die nicht mehr gebraucht werden? In Deutschland gibt es keine einheitliche Regelung zur Entsorgung von Arzneimitteln. Um unsere Umwelt und vor allem die Gewässer nachhaltig zu schützen, ist aber die richtige Entsorgung wichtig. Wir alle sind verantwortlich dafür, dass die Stoffe nicht in die Umwelt gelangen. Kläranlagen nämlich können die Wirkstoffe aus Medikamenten nicht aus dem Wasser herausfiltern.
Medikamente gelangen auf verschiedenen Wegen in die Umwelt, zum einen, weil Patienten sie über den Urin ausscheiden. Zum anderen, weil immer noch viele Menschen abgelaufene Mittel über die Kanalisation entsorgen. Über das Abwasser und die Kläranlagen gelangen sie ins Grundwasser und damit in unseren Wasserkreislauf. Dort können sie Organismen und Ökosysteme belasten. Besonders häufig werden Schmerzmittel, Röntgenkontrastmittel, Hormone aus der Antibabypille, Beta-Blocker und Antibiotika in der Umwelt gefunden. Fast überall tauchen Arzneimittelrückstände auf: in Flüssen, Böden, aber auch im Grundwasser und in geringsten Konzentrationen sogar im Trinkwasser.
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Über 400 unterschiedliche Arzneimittelrückstände wurden in Deutschland schon nachgewiesen. Und einige schaden der Umwelt: So beobachten Forschende zum Beispiel an den Abläufen von Kläranlagen eine Verweiblichung von männlichen Fischen, die in Kontakt mit Hormonen aus Arzneistoffen gekommen waren. Das hat negative Auswirkungen nicht nur auf Tiere und Pflanzen, sondern auch auf uns Menschen. Gelangen nämlich etwa Antibiotika in den Wasserkreislauf, kann das zur Folge haben, dass Bakterien immer mehr Resistenzen entwickeln. Und irgendwann können wir selbst Leidtragende sein, wenn ein Antibiotikum plötzlich nicht mehr wirkt. Viele scheinen sich dieser Gefahren aber nicht bewusst zu sein. Laut einer Umfrage entsorgt fast die Hälfte der Deutschen flüssige Medikamentenreste über Toilette oder Waschbecken.
Die Entsorgung des Hausmülls ist kommunal geregelt, es gibt also keine bundeseinheitlichen Regeln, doch immerhin inzwischen ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Service-Tool: Unter www.arzneimittelentsorgung.de bekommen Sie Tipps –einfach Ihren Ort oder Bezirk eingeben, dann erfahren Sie per Mausklick, wo Sie vor Ort alte Medikamente entsorgen können.
Generell gilt: Gängige Arzneimittel wie Schmerzmittel, Antibiotika oder Verhütungsmittel zählen zum sogenannten Siedlungsabfall und können deshalb in den Hausmüll wandern. Ab in die Restmülltonne damit! Das ist ein sehr sicherer Entsorgungsweg, denn in Deutschland wird dieser Abfall in Müllverbrennungsanlagen verbrannt, bevor er auf Deponien gelagert wird. So werden noch enthaltene Schadstoffe zerstört und sind dann keine Gefahr fürs Grundwasser, da die Deponien abgedichtet sind.
Viele Gemeinden betreiben zudem Recyclinghöfe und bieten dort die Möglichkeit, Arzneimittel abzugeben. Und viele Kommunen bieten zudem spezielle mobile Schadstoff-Sammelstellen, sogenannte Medi-Tonnen oder Schadstoffmobile an. Details erfahren Sie bei Ihrer Gemeinde. Auch viele Apotheken bieten als freiwillige Serviceleistung die Rücknahme von Arzneimitteln an. Allerdings sind sie rechtlich nicht dazu verpflichtet. Fragen Sie deshalb bei Ihren Apotheken vor Ort nach.
Eine Ausnahme vom Hausmüll bilden Zystostatika, die bei Krebserkrankungen oder bei Autoimmunerkrankungen wie Rheuma zum Einsatz kommen. Sie müssen als Sondermüll entsorgt werden. Wer ein solches Medikament erhält, wird in der Regel auch darüber informiert, wie er es entsorgen muss. Im Zweifelsfall beim Arzt oder der Ärztin nachfragen. Und lesen Sie im Beipackzettel, wie Sie die Chemotherapeutika entsorgen oder fragen Sie im Zweifelsfall bei der örtlichen Abfallberatung oder in der Apotheke nach, wo Sie diese Arzneimittel abgeben können. Spezialisten kümmern sich dann um die Entsorgung.
Nein, einmal in den Verkehr gebrachte Medikamente dürfen nicht wiederverwendet werden, weil ihre Qualität und Unbedenklichkeit nicht mehr garantiert sind. Die Lagerungsbedingungen in privaten Haushalten entsprechen meist nicht den pharmazeutischen Standards. Sie sind dort nicht ausreichend vor Licht oder Feuchtigkeit geschützt. Zudem wäre die Logistik für die geringen Mengen aus privaten Haushalten so aufwendig, sodass Hilfsorganisationen Medikamentenspenden von Privatpersonen grundsätzlich nicht annehmen.
Letzte Änderung: 07.12.2022
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