Millionen Deutsche setzen auf künstliche Vitamine und Mineralstoffe in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Aber wer braucht sie tatsächlich und welche sind wirklich sinnvoll?
Apothekerin
ServiceCenter AOK-Clarimedis
Vitamin E sorgt für ein jüngeres Aussehen, Biotin beugt Haarausfall vor und Kalium fördert das Denkvermögen – die Botschaften der Werbung sind ebenso eindeutig wie erfolgreich. Jeder dritte Deutsche greift laut einer Forsa-Umfrage zu Nahrungsergänzungsmitteln. Doch brauchen wir die Tabletten, Pülverchen oder Kapseln wirklich, um unseren Körper optimal mit Vitaminen und Mineralstoffen zu versorgen?
Nein, lautet die einhellige Meinung, die sowohl die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als auch der Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Helmut Heseker vertreten. „Mit einer einigermaßen abwechslungsreichen Ernährung und einer Energieaufnahme von mehr als 2.000 Kilokalorien nimmt der gesunde Mensch in der Regel alle Nährstoffe in ausreichenden Mengen auf“, sagt Heseker. Selbst in den Wintermonaten sind die Menschen hierzulande mit Vitaminen und Mineralstoffen ausreichend versorgt, wenn sie sich ausgewogen und gesund ernähren. Die einzige Ausnahme sei das Vitamin D bei Personen, die sich nicht regelmäßig im Freien aufhalten.
Der menschliche Körper ist in der Lage, Vitamin D selbst herzustellen – mithilfe der Sonneneinstrahlung auf der Haut. Das Vitamin ist wichtig für die Knochenhärte, die Muskelkraft und für viele andere Stoffwechselprozesse. Die meisten Menschen in Deutschland sind mit Vitamin D gut versorgt. Der Körper bildet vor allem in der warmen Jahreszeit ausreichend davon und speichert dies für eine gewisse Zeit auch. Unterversorgt sind hingegen Personen, die sich wenig oder kaum im Freien aufhalten, wie Pflegebedürftige, chronisch Kranke oder Menschen, die weniger mobil sind. Auch Personen, die aus kulturellen oder religiösen Gründen ihre Haut bedecken, haben unter Umständen einen Mangel an Vitamin D. Aber nur wenn die Betroffenen tatsächlich unter einem Defizit leiden, wird eine Einnahme von Vitamin-D-Präparaten empfohlen.
Untersuchungen in Deutschland zeigen, dass die meisten Menschen ausreichend mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt sind. Dennoch hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung festgestellt, dass sehr schnell von „Vitaminmangel“ gesprochen wird – obwohl es echte Vitaminmangelkrankheiten in Deutschland bei ansonsten gesunden Menschen nicht mehr gibt. Trotz dieser Fakten und der einheitlichen Expertenmeinung boomt das Geschäft mit der Nahrungsergänzung: Laut dem Lebensmittelverband Deutschland liegt der Jahresumsatz mit Vitamin- und Mineralstoffpräparaten hierzulande bei über 1,4 Milliarden Euro. Über 225 Millionen Packungen werden jährlich verkauft. Spitzenreiter sind bei den Vitaminprodukten Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin C und bei den Mineralstoffen Magnesium.
Die Deutschen sind in der Regel durch ihre Ernährung ausreichend mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt. Es gibt jedoch bestimmte Gruppen, bei denen eine gezielte Nahrungsergänzung durchaus sinnvoll sein kann. Die Einnahme von Präparaten sollte aber stets mit einem Arzt abgesprochen werden.
Fragen zur Ernährung?
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Während der Schwangerschaft und Stillzeit kann der Körper leicht mit Folsäure, Eisen, Kalzium, Jod und essenziellen Fettsäuren (DHA) unterversorgt sein. Die Aufnahme von Folsäure sollte aufgrund des erhöhten Bedarfs sogar verdoppelt werden. Denn bei erheblichem Folsäuremangel kann es zu Missbildungen wie einem offenen Rücken beim Ungeborenen kommen. Eisen wird gebraucht, weil sich die Blutmenge in der Schwangerschaft um etwa einen Liter erhöht. In beiden Fällen ist – in Absprache mit dem behandelnden Arzt – die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln für Schwangere und Stillende sinnvoll.
Die beste Nahrung für Neugeborene ist die Muttermilch. Sie enthält alle wichtigen Vitalstoffe, ist leicht verdaulich, keimarm, schützt vor Verstopfung und hat einen hohen Anteil an essenziellen mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Daher brauchen Säuglinge bis auf drei Ausnahmen keine Nahrungsergänzungsmittel: Vitamin D zur Rachitis-Prophylaxe (Knochenerweichung), Fluorid für den Zahnaufbau und zur Kariesvorbeugung sowie Vitamin K in den ersten Lebenstagen.
Der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen bleibt auch im Alter unverändert. Doch viele ältere Menschen meiden aufgrund fehlender Zähne oder eines schlecht sitzenden Zahnersatzes frische und bissfeste Lebensmittel oder sie leiden an Appetitlosigkeit. Das kann zu einer Unterversorgung mit einzelnen Nährstoffen führen. Dazu zählen die Vitamine A, C, D und der Vitamin-B-Komplex sowie die Mineralstoffe Kalzium, Eisen und Jod. In einzelnen Fällen kann es deshalb durchaus sinnvoll sein, mäßig dosierte Präparate einzusetzen.
Während der hormonellen Umstellung kommt der Korrektur des Lebensstils, vor allem aber einer angepassten Ernährung, eine besondere Bedeutung zu. Darum sollten Frauen in den Wechseljahren industriell unverarbeitete Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte wie frisches Obst und Gemüse, Kartoffeln und Vollkornprodukte, mageres Fleisch und Kaltwasserfisch (Makrele, Lachs, Hering und Sardinen) sowie Produkte mit ungesättigten Fettsäuren (zum Beispiel Rapsöl) bevorzugen. Je nach Lebensumständen, Gewicht, Alter und Grunderkrankungen sowie Medikamenteneinnahme können sie aber auch eine Nahrungsergänzung mit dem Arzt abstimmen.
Menschen, die mehrmals in der Woche intensiv Sport treiben, brauchen vor allem die fettlöslichen Vitamine A und E sowie die wasserlöslichen Vitamine C, B1, B6, B12 sowie Folsäure. Zu den benötigten Mineralstoffen gehören Magnesium, Eisen, Chrom, Zink und Jod. Nimmt ein Sportler diese Nährstoffe nicht ausreichend mit der Nahrung auf, können Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein.
Immer dann, wenn die Ernährung von den üblichen Empfehlungen abweicht, kann eine Unterversorgung auftreten. Bei Vegetariern kann es vor allem zu Eisenmangel kommen, da die besten Eisenlieferanten Fleischprodukte sind. Deshalb sollten sie gezielt auf eine Auswahl an pflanzlichen Lebensmitteln mit einem hohen Eisengehalt achten. Ansonsten müssen Vegetarier, sofern sie ausreichend Milchprodukte und Eier zu sich nehmen, keine Unterversorgung fürchten. Anders ist es bei Veganern. Hier ist ein gutes Ernährungswissen notwendig, um den Bedarf an Eiweiß, essenziellen Fettsäuren, Vitamin B12, Vitamin D, Kalzium, Eisen, Jod, Zink und Selen abzudecken.
Nikotin senkt die Aufnahmefähigkeit für Vitamine im Körper und/oder erhöht den Verbrauch – dazu gehören unter anderem der Vitamin-B-Komplex und Vitamin C. So wird zum Beispiel Vitamin C im Körper vernichtet, weil der Zigarettenrauch dem Organismus Unmengen freier Radikale zuführt. Die meisten Raucher sind daher mit Vitamin C unterversorgt. Frisches Obst oder eine gezielte Nahrungsergänzung können diesen Mangel ausgleichen. Die gesündeste Lösung wäre jedoch, das Rauchen aufzugeben.
Chronische Erkrankungen sind häufig mit Nährstoffdefiziten verbunden, die auch mit einer gesunden Ernährung nicht aufgefangen werden können. Dazu zählen unter anderem Magen-Darm-Erkrankungen, Krebserkrankungen und Lebererkrankungen. Auch bei Allergikern oder Personen, die in ihrem Essverhalten anderweitig eingeschränkt sind, ist eine Nahrungsergänzung teilweise unerlässlich. In diesen Fällen gehört eine gezielte Nahrungsergänzung aber unbedingt in die Hände des behandelnden Arztes.
Bei einer Radikaldiät zur Gewichtsreduktion von unter 1.500 Kilokalorien täglich kann es zu einer Unterversorgung mit den wichtigsten Nährstoffen kommen. Nach mehreren Wochen können sogar Mangelerscheinungen die Folge sein. Von Diäten raten Experten jedoch ohnehin ab, da eine Ernährungsumstellung kombiniert mit Sport auf Dauer gesünder und effektiver ist. Auch der gefürchtete Jo-Jo-Effekt nach einer Diät ist dann kein Thema mehr.
Sie sehen aus wie Arzneimittel, sind aber keine. Stattdessen zählen Nahrungsergänzungsmittel zu den Lebensmitteln. Warum das so ist, welche Angaben auf der Verpackung nicht fehlen dürfen und auf was Sie sonst noch achten sollten – Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Obwohl sie in Form von Tabletten, Kapseln oder Pulver angeboten werden, sind Nahrungsergänzungsmittel rechtlich den Lebensmitteln zugeordnet. Das ist von großer Bedeutung, denn anders als für Arzneimittel wird für Nahrungsergänzungsmittel keine Zulassung benötigt. Das hat den Vorteil, dass aufwendige und teure Wirksamkeitsstudien entfallen.
Dafür dürfen die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln – anders als bei Arzneimitteln – aber auch keine Heilversprechen machen. So sind krankheitsbezogene Hinweise wie zum Beispiel „schützt vor Krebs“ strikt verboten.
Achten Sie auf die Packungsangaben und hinterfragen Sie das Produkt kritisch. Vorsicht ist geboten:
Auch Preisvergleiche können sich lohnen. Denn trotz identisch zusammengesetzter Produkte gibt es diesbezüglich erhebliche Unterschiede.
„Wird bei frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln die empfohlene Dosierung eingehalten, besteht eigentlich keine Gefahr für unerwünschte Nebenwirkungen“, meint Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Helmut Heseker. Zudem können Verbraucher die empfohlene Dosierung mit den Empfehlungen für die tägliche Nährstoffzufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vergleichen.
Letzte Änderung: 16.12.2020
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