Wir alle träumen. Manche Träume sind schön, andere verwirrend – und manche bedrohlich. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung entwickelt sogar eine chronische Albtraumstörung. Warum wir überhaupt träumen und was wir gegen schlechte Träume tun können, verrät Dr. Annika Gieselmann, die an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zu Albträumen forscht.
Psychologische Psychotherapeutin und wissenschaftliche Mitarbeiterin
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Warum träumen wir eigentlich?
Wenn wir schlafen, ist unser Gehirn weiterhin aktiv. Das heißt, es sendet weiter Signale aus. Wir erfassen diese Signale und wollen einen Sinn herstellen. Das erleben wir als Träume. Das ist auch der Grund, warum wir häufig von Dingen träumen, die wir tagsüber erlebt haben.
Wie viel Träumen ist normal?
Mittlerweile geht man davon aus, dass wir so lange träumen, wie wir schlafen. Im Gehirn passiert immer etwas, wir können uns nur nicht immer daran erinnern. Was wir als Träume erinnern oder erleben, kommt auf das Empfinden der einzelnen Person an. Viel wichtiger ist die Frage, wie man seine Träume empfindet: als angenehm, interessant oder belastend?
Träumen wir in der Kindheit anders als im Erwachsenenalter?
Kinder schlafen mehr und befinden sich länger im REM(Rapid Eye Movement)-Schlaf – einer Schlafphase, in der das Gehirn sehr aktiv ist und wir die meisten Träume wahrnehmen. Man kennt das ja auch von Kindern, dass sie sich häufiger im Schlaf bewegen und sprechen. Deswegen geht die Forschung davon aus, dass Kinder mehr träumen als Erwachsene.
Träumen wir anders, wenn wir krank sind?
Alles, was unseren Schlaf beeinflusst, kann auch unsere Träume beeinflussen. Wenn wir mit Fieber im Bett liegen, Schmerzen haben oder mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzuständen umgehen müssen, schlafen wir meist unruhiger und können uns besser an Träume erinnern. Haben wir schlechte Phasen, träumen wir meist auch schlechter. Auch die Einnahme oder das Absetzen von Medikamenten wie Antidepressiva kann zu intensiveren Träumen führen.
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Was sind gängige Albtraum-Motive?
Grundsätzlich beinhalten Albträume die Bedrohung unseres Lebens, unserer Sicherheit oder unserer körperlichen Integrität. Im Prinzip kann alles zu einem Albtraum werden, wenn es so von den Träumenden erlebt wird. Es gibt aber typische Albtraum-Themen wie Runterfallen, vor Gefahren wegrennen wollen, aber nicht können, oder auch Fehlermachen und Blamage.
Träumen Menschen eigentlich auf der ganzen Welt das Gleiche?
Das Gefühl der Bedrohung in Albträumen ist universell, aber es gibt durchaus Unterschiede. Die Deutschen träumen wohl überdurchschnittlich oft davon, zu spät zu kommen oder Fehler zu machen. Menschen empfinden unterschiedliche Dinge als bedrohlich. Das hängt mit unseren Erfahrungen zusammen und damit etwa auch mit dem Kulturkreis, dem Alter oder dem Geschlecht.
Warum kehren bestimmte Träume und Motive immer wieder?
Kehren Träume wieder, betrifft das wahrscheinlich Themen, die die Träumenden beschäftigen. Es kann aber auch sein, dass sich Albträume festsetzen. Je häufiger neuronale Erregungsmuster aktiviert werden, desto leichter werden sie aktiviert und desto kleiner kann der Auslöser sein. Das heißt, wir sehen, hören oder fühlen etwas, das uns an den Traum erinnert – und schon beginnt die Schleife wieder zu funken.
Was passiert, wenn wir in so einer Schleife feststecken? Wie wirken sich Albträume auf unsere Psyche und auf den Körper aus?
Setzen wir uns auf eine destruktive Art und Weise mit unseren Albträumen auseinander, können Albträume chronisch werden: Wir träumen schlecht, entwickeln daraus eine Angst vor dem Einschlafen – und träumen wieder schlecht. Grübelt man schon tagsüber über seine Träume oder entwickelt Ängste, kann das wiederkehrende Albträume begünstigen. Neben chronischen Albträumen gibt es noch eine andere Erkrankung: den Pavor Nocturnus, auch Nachtschreck genannt. Betroffene schrecken dabei wiederholt aus dem Schlaf auf, wachen aber nicht vollständig auf. Dabei sind sie sehr stark erregt, schreien, sind panisch und völlig desorientiert. Vielleicht bleiben ein paar Schnipsel aus einem Traum in Erinnerung, die meisten können sich aber nicht erinnern, was ihnen so Angst gemacht hat.
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Albträume können auch ein Symptom sein. Studien deuten etwa darauf hin, dass Albträume ein Frühzeichen für Parkinson sein könnten. Was ist dran?
Aktuelle Forschungen fanden tatsächlich einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Albträumen und dem Parkinsonrisiko. Grundsätzlich gilt: Wenn sich Träume ohne offensichtlichen Anlass nachhaltig verändern, lohnt sich eine ärztliche Abklärung. Klassisch sind Albträume aber vor allem auch nach traumatischen Erfahrungen. Fast alle Trauma-Patienten verarbeiten ihre dramatischen Erfahrungen in Träumen. Darüber hinaus können aber alle psychischen Störungen mit Albträumen einhergehen. In einer niederländischen psychiatrischen Ambulanz, die ein breites Störungsspektrum abdeckt, waren 30 Prozent betroffen. Es gibt aber auch andere Krankheiten, für die schlechte Träume ein Symptom sein können – zum Beispiel Narkolepsie, Restless-Legs-Syndrom, Schlafwandeln oder die REM-Schlaf-Verhaltensstörung, bei der die Träume ausagiert werden. Wenn es wiederholt zu Albträumen kommt, kann in allen Fällen eine Albtraumtherapie Linderung bringen. Alles Weitere ist dann Gegenstand weiterer Diagnostik und Behandlung.
Wann sind Albträume behandlungsbedürftig?
Ob eine Behandlung notwendig ist, definieren wir am Leidensdruck. Viele Menschen träumen phasenweise schlecht, das ist durchaus normal. Wenn Albträume aber andauern und häufig wiederkehren, also etwa einmal pro Woche, und die Patienten darunter leiden, ist eine Behandlung sinnvoll. Dann geht man in die Diagnosefindung. Die Albträume als solche können die Betroffenen auch ohne fachliche Hilfe behandeln. Es braucht sehr häufig keine komplexe Traumatherapie.
Was können wir selbst gegen schlechte Träume tun?
Ist ein Albtraum hartnäckig, gibt es einen einfachen Trick: Schreiben Sie Ihren Traum auf und schreiben Sie die Geschichte an den bedrohlichen Stellen so um, dass sie nicht mehr bedrohlich ist. Lesen Sie die neue Geschichte tagsüber immer wieder durch. Das bewusste Erinnern des Traums am Tag schafft im Gehirn eine neue Assoziation. Der Albtraum verliert seinen Schrecken – und wird nicht mehr geträumt. Können Krankheiten, Traumata oder psychische Störungen ausgeschlossen werden, ist der Hauptfaktor für schlechte Träume: Stress. Steht man im Job unter hohem Druck, ist unzufrieden mit seiner Beziehung oder hat andere Sorgen, kann das vermehrt zu Albträumen führen. Dann sollte man versuchen, diese Stressfaktoren zu bearbeiten. Außerdem helfen ein gesunder Lebensstil und eine gute Schlafhygiene – also beispielsweise regelmäßiges Zubettgehen, angenehme und dunkle Schlafumgebung und rechtzeitiges Ausschalten von Fernseher, Handy und Co.
Letzte Änderung: 12.09.2022
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