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Das macht chronischer Stress mit dem Körper

ArtikelLesezeit: 3:00 min.
Chronischer Stress: Frau arbeitet noch spät abends im Büro

Bildnachweis: © stock.adobe.com / Nina Lawrenson/peopleimages.com

Gelegentlicher Stress ist normal. Doch chronischer Stress kann zu ernsthaften Krankheiten führen. Was ist chronischer Stress und wie wirkt er sich auf den Körper aus?

Expertenbild

Die Expertin zum Thema

Dr. Birgit Rothe

Fachärztin für Innere Medizin
ServiceCenter AOK-Clarimedis

Was ist chronischer Stress?

Chronischer Stress liegt vor, wenn Stress über einen längeren Zeitraum andauert und die Bewältigungsmechanismen des Körpers und Geistes überfordert. Es gibt keine feste Zeitgrenze, ab der Stress als chronisch bezeichnet wird: Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa der Fähigkeit eines jeden einzelnen, Stress zu bewältigen, und den genauen Stressfaktoren. Grundsätzlich gilt Stress jedoch als chronisch, wenn er über mehrere Wochen bis Monate anhält oder immer wiederkehrt, die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt und die Fähigkeit zur Stressbewältigung übersteigt. 

Symptome und Folgen von chronischem Stress

Die Psychoneuroimmunologie geht davon aus, dass einige Beschwerdebilder und sogar manche Erkrankungen von chronischem Stress verursacht sind. Denn besteht chronischer Stress, kann er eine Vielzahl von körperlichen und psychischen Erkrankungen auslösen oder verschlimmern. Er wirkt sich auf fast alle Systeme des Körpers aus, da er die Produktion von verschiedenen Stresshormonen wie zum Beispiel Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol erhöht. Dies kann langfristig zu gesundheitsschädlichen Prozessen führen.

Psychische Erkrankungen

Chronischer Stress führt durch den anhaltend hohen Cortisolspiegel, Ressourcenerschöpfung, neuronale Veränderungen und im Verlauf häufig soziale Isolation zu einer erhöhten Anfälligkeit für psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen und Burnout

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die vermehrte Ausschüttung der Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol erhöht auf Dauer den Blutdruck. Dadurch steigt im Verlauf auch die Wahrscheinlichkeit für weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie zum Beispiel Herzinfarkt und Schlaganfall.

Verdauungsstörungen

Stress fährt den Verdauungsvorgang herunter – das ist im „Urprogramm“ des Menschen so angelegt, da insbesondere in früheren Zeiten bei direkter körperlicher Bedrohung alle Energie zur Flucht gebraucht wurde. Durch chronischen Stress kann es daher zu Übelkeit, Krämpfen, Verstopfung oder Durchfall, Reizdarmsyndrom oder auch Magenschleimhautentzündungen bis hin zum Magengeschwür kommen.

Störungen des Immunsystems

Mit einem anhaltend erhöhten Spiegel von Stresshormonen können die Abwehrkräfte des Körpers sinken. Immer wiederkehrende und langwierige Erkältungen oder andere Infektionen, Entzündungen und sogar das Hervortreten von Autoimmunerkrankungen können die Folge sein.

Schlafstörungen

Chronischer Stress kann ein Hyperarousal verursachen. Das ist eine Übererregung des zentralen Nervensystems. Daraus können eine erhöhte Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit und auch Schlafstörungen bis hin zur Insomnie (Schlaflosigkeit) entstehen. Es kann den Schlaf-Wach-Rhythmus kann langfristig stören.

Diabetes Typ 2, Übergewicht und Adipositas

Wer Stress hat, lebt häufiger unvernünftig – zu wenig Bewegung, ungesundes, unregelmäßiges Essen, zu viel Koffein, Alkohol und Nikotin. Zucker zum Beispiel wirkt auf unser Belohnungssystem und schaltet Sorgen kurzzeitig aus. Aber er lässt auch den Insulinspiegel steigen und stoppt so die Fettverbrennung. Greifen wir immer wieder zu Süßem, fördert das – neben anderen Faktoren wie mangelnder Bewegung – die Entstehung von Übergewicht. Eine längerfristig ungesunde Lebensweise und insbesondere Übergewicht begünstigen unter anderem die Entstehung von Diabetes.

Muskuläre Probleme

In Stresssituationen spannen wir unsere Muskeln an. Ist der Stress chronisch, kommt es zu dauerhaften Muskelverspannungen – Haltungsschäden und chronische Rückenschmerzen können die Folge sein. 

Hauterkrankungen

Der ständige Stress und damit verbundene ungesunde Verhaltensweisen können auch Auswirkungen auf die Haut und Hautbarriere haben. Das kann zu Hautproblemen wie Akne und Ekzemen führen.

Reproduktionsprobleme

Wenn Stress anhält, kann er hormonelle Störungen, ein vermindertes Lustempfinden sowie Menstruationsstörungen auslösen. Diese Symptome wirken sich negativ auf die Fruchtbarkeit von Männern und Frauen aus.

Frau entspannt unter einem Baum

Stress im Griff

Lernen Sie, Ihren Stress zu verringern.

Wie kann ich chronischen Stress vermeiden?

Ein gesunder Lebensstil, Strategien zur Stressbewältigung und gegebenenfalls professionelle Hilfe sind entscheidend, um die Auswirkungen von chronischem Stress zu minimieren. Um chronischen Stress zu vermeiden, gibt es einige bewährte Mechanismen.

  • Stressbewältigungstechniken: Praktiken wie Meditation, Yoga, Atemübungen und progressive Muskelentspannung helfen, den Körper und Geist zu beruhigen. Durch Achtsamkeitstraining lernen Sie, im Moment zu leben und stressige Gedanken und Gefühle besser zu bewältigen.
  • Eine gesunde Lebensweise: Körperliche Aktivität reduziert Stresshormone und fördert die Produktion von Endorphinen, die das Wohlbefinden steigern. Eine gesunde Ernährung unterstützt die körperliche und geistige Gesundheit. Achten Sie auch auf eine regelmäßige Schlafroutine und eine schlaffördernde Umgebung.
  • Soziale Unterstützung: Der Austausch mit Ihnen nahestehenden Personen oder der Beitritt zu Selbsthilfegruppen hilft, Stress abzubauen und neue Perspektiven zu gewinnen. 
  • Zeitmanagement und Prioritätensetzung: Setzen Sie Prioritäten und versuchen Sie, Überforderung zu vermeiden. Regelmäßige Pausen sind wichtig, um sich zu erholen und neue Energie zu tanken.
  • Professionelle Hilfe: Ein Therapeut kann Ihnen helfen, Stressoren zu identifizieren und Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Ein Coach kann dabei unterstützen, berufliche und persönliche Herausforderungen zu meistern und besser mit Stress umzugehen.
  • Hobbys: Kreative Hobbys und regelmäßige körperliche Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten, wirken stressreduzierend und lassen Sie zur Ruhe kommen.
  • Selbstfürsorge: Gönnen Sie sich regelmäßig etwas, das Ihnen Freude bereitet und Sie entspannt, sei es ein gutes Buch, ein Bad oder ein Spaziergang in der Natur.

Wichtig ist, frühzeitig Stress zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen. Für eine Einschätzung ihrer Situation und den Umgang mit chronischem Stress sollten Sie einen Arzt oder Psychologen aufsuchen. Diese nehmen eine genaue Bewertung vor und empfehlen Ihnen entsprechende Behandlungsstrategien.
 

Letzte Änderung: 05.08.2024